Was für ein Gemüse!
Auf dem täglichen Menüplan Japans ist dieses Gemüse, ein Lilienknollengewächs, Yurine genannt, kaum anzutreffen, denn es wird nur in der Küche des Kaiseki-Stils (mehrgängiges Mahl) aufwändig zubereitet oder zu einem Kloss verarbeitet und man bekommt es eher in Supermärkten in Kyoto als in Tokyo zu Gesicht.
Als ich mich mit meiner Schweizer Freundin ein paar Tage in Kyoto aufhielt, besuchte uns ein guter Freund aus Tokyo, der leidenschaftlich gerne kocht. Zusammen gingen wir in den Supermarkt und stiessen dann zufällig auf dieses selten anzutreffende Gemüse. Ich bewunderte die frische Knolle im Kühlregal, denn ich hatte sie so zuvor noch nie gesehen und ich fragte mich, wie man das wohl zubereitet. Aki, unser Freund, griff sofort nach der Packung, legte sie in das Einkaufskörbchen und sagte nur verheissungsvoll: «Heute Abend koche ich das für Euch! Das ist etwas vom Besten, was es gibt!»
Zu Hause in der gemieteten Wohnung angekommen packten wir unsere Einkäufe aus und bereiteten unser Abendessen zu. Aki fing an das Gemüse, das wie eine überdimensionierte Knoblauchknolle ausschaut in einzelne Schuppen zu brechen und legte diese in eine Chromstahlschüssel. Die zerlegten Knollenteile sahen wie weissliche Chips aus. Als nächstes nahm er eine Bratpfanne, liess Butter darin schmelzen und dünstete das Gemüse, bis es schön glasig und goldig glänzte. Noch eine Prise Salz und schon war das Gericht fertig! Die gebratene Yurine-Lilienknolle hat eine knusprige Textur und weist einen sehr milden ganz leicht süsslichen Gout auf, der am ehesten mit dem Geschmack einer Wasserkastanie (Water Chestnut) vergleichbar ist.
Nebst der gebratenen Lilienknolle gab es noch zahlreiche verschiedene kleine Gerichte, die Aki für uns zubereitete: Eingelegte Chrysanthemen-Blüten, Sojahäutchen (Yuba), Sashimi von Makrelen (Aji) und vom Bonito-Fisch (Katsuo), Sesam-Tofu, gebratene Weizenstärke (Namafu), Miso-Suppe mit Algen (Wakame), Senfspinat (Komatsuna), gebratener Oktopus und zum Schluss durfte der Reis (Gohan) selbstverständlich nicht fehlen! Wir hatten unser privates Bankett zuhause und es war ein kulinarischer Höhepunkt par excellence!