Denjenigen, die schon einmal Bekanntschaft mit einer Japanerin geschlossen haben, ist vielleicht aufgefallen, dass sie sich beim Lachen die Hände vor den Mund hält. Warum tut sie dies bloss?

Für Europäer muss dies wohl sehr seltsam erscheinen. Was verbirgt sie im Mund? Hat sie schiefe Zähne oder etwa Mundgeruch? Solche Fragen schiessen einem vielleicht durch den Kopf.

Diese merkwürdig erscheinende Geste, wie so viele andere Verhaltensformen in Japan, ist im Alltag so stark integriert, dass sie im eigenen Land nicht hinterfragt wird. Woher diese Gewohnheit kommt ist nicht klar. Eins aber steht für mich fest – es muss mit dem weiblichen Schönheitsideal zu tun haben.

«Lach nicht so laut mit offenem Mund! Es gehört sich nicht als Frau» dies wurde mir oft in Japan gesagt. Man stelle sich vor, eine umwerfend schöne Frau, die laut loslacht und Speicheltropfen in alle Richtungen versprüht. Oder eine Frau, die mit Essensresten zwischen den Zähnen zu lachen beginnt. Was würde das Gegenüber wohl beim ersten Date denken? Solche Überlegungen müssen wahrscheinlich zur Entwicklung des gegenwärtigen Ideals und dem Lachverhalten der Japanerinnen geführt haben.

Auch ich hielt früher die Hand beim Lachen vor den Mund, bis mir ein Schweizer, wahrscheinlich aus reiner Neugierde, die direkte Frage stellte «Hast du krumme Zähne – zeig doch mal her. Wieso machst du denn das?»

Nicht dass ich wirklich schiefe Zähne hätte, aber es berührte mich peinlich und ich war etwas entsetzt, dass ein Europäer, so von einer Japanerin denkt und sie so direkt und offen danach fragt.

Später konnte ich jedoch feststellen, dass das Lachen in Europa etwas ganz Natürliches sein muss. Es wird nicht versteckt, sondern offen gezeigt. Das Lachen ist ein wichtiges Persönlichkeitsmerkmal die eigene Freude ausdrückt. So wurde mir auch klar, dass das Bedecken des Mundes beim Lachen etwa die gleiche Wirkung hat, wie die Augen hinter einer Sonnenbrille zu verstecken.

So oder so, jedes Land hat seine eigenen Bräuche und Verhaltensweisen. Erst wenn man diese kennt und versteht, kann (oder darf) man auch darüber lachen.