Itadakimasu! – En Guete!
Im Westen lernen bereits Kinder, dass man sich beim Essen gegenseitig «guten Appetit!» wünscht. In verschiedenen Sprachen heisst es dann z.B. «Bon appétit!», «Buon appetito!» oder «Buen provecho!». Das Gegenüber antwortet darauf mit «Danke, gleichfalls!».
Diese Formulierung gibt es in Japan nicht. Dort sind Bedeutung und Anwendung des vergleichbaren «itadakimasu» etwas anders.
Hier eine Episode zur Illustration: Vor einigen Jahren machte meine japanische Freundin Urlaub in der Schweiz. Ich zeigte ihr natürlich auch die hiesige Bergwelt. Wir sassen in einem Restaurant auf dem Brienzer Rothorn, assen zusammen und plauderten über die alten Zeiten. Da kam ein junger Mann vorbei und lächelte uns an; wahrscheinlich fand er gefallen an uns. Dann sagte er freundlich «itadakimasu» und meinte «en Guete!». Wir schauten uns verständnislos an. Plötzlich wurde uns klar, was er damit gemeint hatte und kicherten los. Leider hatte ich keine Gelegenheit mehr, ihm zu erklären, dass dieser Ausdruck in Japan nicht in dem von ihm beabsichtigten Sinn verwendet werden kann.
«Itadakimasu» bedeutet wortwörtlich «Ich nehme es dankend an» und drückt eine geistige Verneigung und Verehrung den Göttern gegenüber aus, dem Tischgebet im christlichen Glauben vergleichbar: «Danke für das tägliche Brot!» Deshalb falten manche Japaner zusätzlich ihre Hände als Geste der Dankbarkeit.
Aber Achtung! Man sagt auch «Itadakimasu», wenn einem ein Geschenk überreicht wird.
Bei einer Einladung zum Essen oder in einem Restaurant ausgesprochen, geht es vor allem darum, sich beim Gastgeber oder Koch zu bedanken und auszudrücken, dass man die Mahlzeit mit Freude entgegennimmt. Der Gastgeber antwortet dann meist mit «Dozo, meshiagatte kudasai» in etwa «Bitte schön, geniessen Sie es!».
Ist alles aufgegessen, sagen die eingeladenen Gäste zum Gastgeber «Gochisosama», was so viel wie «Danke für das Gastmahl!» bedeutet. Darauf antwortet der Gastgeber meist in aller Bescheidenheit mit «Osomatsusama!» – «das war nichts Besonderes!».
Ruft man aber in einem Restaurant «Gochisosama», heisst dies, dass man bezahlen möchte. Danach steht der Gast auf, nimmt den Bestellschein, der auf dem Tisch liegt und geht damit zum Ausgang, wo auch die Kasse steht.
Für den Ausdruck «guten Appetit!» wie der Westen ihn kennt, findet man also im Japanischen keine entsprechende Formulierung.
Als Alternative hätte der junge Mann aus der Anekdote aber fragen können: «Wie finden Sie die Schweizer Küche?» – «suisu ryoori wa dou desuka?», worauf er bestimmt die Antwort «oishii!» – «lecker!» erhalten hätte.