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Der Bambus (Take)

Damals als ich noch als Kind in Japan lebte, warnte mich meine Mutter einmal, dass ich mich bei einem grossen Erdbeben sofort in den Bambuswald im Hinterhof flüchten sollte. «Warum denn, Bäume können doch umfallen, ist das nicht  gefährlich?» fragte ich.

«Bambus ist nicht mit einem Baum zu vergleichen sagte sie. Die Bambuswurzeln sind in der Erde so dicht verwurzelt und verwoben, der Stamm so leicht und elastisch, dass er nicht umfällt. Mach dir also keine Sorgen» meinte sie. Bambuswälder sind wegen diesen Eigenschaften in Japan bekannt als Zufluchtsort im Erdbebenfall.

Oft gingen wir damals in unserem Wald spazieren und stets hatte ich ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit dabei. Heute existiert unser Wald leider nicht mehr, aber wenn immer ich durch einen Bambuswald gehe, erinnere ich mich an meine Kindheit.

Bambus hat etwas mystisch geheimnisvolles und zugleich beruhigendes. Aber er findet auch vielseitige Verwendung im japanischen Alltag.
Aus dem Bambusstamm werden spezielle Werkzeuge und praktische Gegenstände produziert wie z.Bsp. Tragkörbe, Tee-Besen für die Teezeremonie, Trinkschalen,  Blumenvasen, traditionelle Kinderspielsachen, sowie Werkzeuge für Bauern und Fischer, Gartenzäune und -tore.  Dank des Hohlraumes (Internodium) und den Knoten (Nodien) kann man einfach eine Vase oder Becher zuschneiden, ohne ein Verbindungsmaterial zu benutzen. Ebenso dient der Bambus zur Herstellung der Kadomatsu (glücksbringende Neujahrsdekorationen, die vor der Haustüre aufgestellt werden).

Es gibt 1000-1500 Bambusarten, von denen einige bis 30 Meter hoch werden können. Das rasante Wachstum, das dem Bambus zu eigen ist,  steht daher auch symbolisch für die Lebenskraft und damit auch für die Hoffnung auf eine gute Zukunft. Daher dürfen  die glücksverheissenden, immergrünen Pflanzen  auch bei traditionellen Zeremonien wie Hochzeit und Geburt als Dekoration nicht fehlen.  Für künstlerische Darstellungen auf Bühnenbildern, Tuschmalereien und Hängerollen sind Bambussujets ebenfalls sehr beliebt.

In japanischen Ausdrücken wie «Chikuba no Tomo» oder « Hachiku no Ikioi» ist das Wort Bambus enthalten. Die erste Redewendung bedeutet wörtlich «Sandkastenfreund» , meint aber nicht den Sandkasten, sondern Stelzen aus Bambus mit denen die Kinder zusammen gespielt haben. Mit dem zweiten Ausdruck wird ein Mensch beschrieben  der über dieselbe  Energie und unbändige Kraft wie der Bambus verfügt, also als  sehr vital wahrgenommen wird.

Das Beste jedoch am Bambus sind für mich die essbaren Sprossen der Moso-Bambussorte.  Japanischer Reis mit frischen knackigen Sprossen und dazu etwas Dashi Brühe (Bonito Fischbouillon), im Reiskochtopf zubereitet: das ist das kulinarische Highlight im April.

Im Sommer ist das «Nagashi-Somen» Gericht heiss begehrt. In den gleichnamigen Restaurants fliessen Nagashi-Somen Nudeln portionenweise direkt aus der Küche in einer langen, wasserführende  Bambusbahn an den Tischen vorbei. Man schnappt sich einen Nudelhappen mit den Essstäbchen vom Band und tunkt ihn in eine Tsuyu – Brühe (süsse Soyasauce), bevor man ihn genussvoll verspeist. Keine Sorge, sollten Sie den Happen verpasst haben – es fliessen immer genügend Nudeln vorbei.

Bambus ist also nicht nur bewundernswert schön anzuschauen, sondern auch vielfältig in seiner Verwendung. Ein Blick in einen Bambusladen zu werfen, ist auf jeden Fall lohnenswert und inspirierend.

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